LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford, Ratingen

Die Textilfabrik Cromford in Ratingen gehört zu den Industriemuseen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Für einen Besuch interessant sind bereits die Hintergründe der Errichtung dieser Industrieanlage.

 

Im 18. Jahrhundert war auch in der Region um Wuppertal die Tuchherstellung eine der Schlüsselindustrien. Die Webstühle in diesen Betrieben benötigten als „Rohstoff“ Garn. Allerdings konnten die Spinnereien, die ausschließlich von Hand und gegenüber den Webereien mit einem Vielfachen an Arbeitskräften arbeiteten, diesem stetig steigenden Bedarf kaum mehr nachkommen. Die Lösung dieses generellen Problems wurde in England gefunden. Auf Basis einer 1769 entwickelten und nur mit Wasserkraft angetriebene Maschine zum Spinnen von Garn (Waterframe) wurde 1771 in Cromford/Derbyshire die weltweit erste industrielle Baumwollspinnerei errichtet. Allerdings war dieser Maschinentyp patentiert, das Geheimnis seiner Funktionsweise wurde in England unter Androhungen strengster Strafen gehütet.

 

Der Wuppertaler Kaufmann Johann Gottfried Brügelmann sah in dieser Erfindung eine Lösung seines Problem, ließ sich von rechtlichen und tatsächlichen Hindernissen nicht abhalten und "beschaffte" sich ein Modell der Maschine. Wie ihm dies gelang, ist nicht gesichert; es gibt Vermutungen, dass er sich selbst als Arbeiter in England andiente und als Industriespion die nötigen Informationen beschaffte. 1784 wurde der Betrieb mit Waterframes – vorsorglich nicht in Wuppertal, sondern im heutigen Ratingen - aufgenommen. Brügelmann benannte seine Fabrik nach dem Ursprungsort der Maschinen „Cromford“. Der Betrieb entwickelte sich zunächst zu einer ansehnlichen Größe, neben dem Werksgebäude wurde ein Herrenhaus und ansprechende Gartenanlagen errichtet. 1846 wurde eine Dampfmaschinen in der Baumwollspinnerei in Betrieb genommen,  in der Weberei waren mehr als 150 Webstühle im Einsatz. Ende des 19. Jahrhunderts kamen erste wirtschaftliche Schwierigkeiten auf, nach einigen Eigentümerwechseln wurde die Fabrik1970 aufgelöst. Weitergehende Informationen finden sich insbes. auf der Seite des LVR sowie hier

 

Das heutige LVR-Museum erstreckt sich auf das Herrenhaus sowie das ursprüngliche fünfstöckige Fabrikgebäude. Die technischen Ausstellungsstücke sind auf die Baumwollspinnerei beschränkt. Im Erdgeschoss befinden sich neben dem mächtigen Wasserrad insbesondere zwei voll funktionsfähige Nachbauten der Waterframes-Spinnmaschinen. In der ersten Etage werden darüber hinaus zahlreiche (und ebenfalls funktionsfähige) Maschinen gezeigt, anhand derer sich der Weg von der Baumwolle zum gesponnenen Garn nachvollziehen lässt. Nicht verpassen sollte man eine der Maschinenvorführungen, bei denen besonders anschaulich und mit fachkundigen Erläuterungen die Funktionsweise vorgestellt wird. Zu kurz kommen dabei auch nicht Hinweise auf die Rahmenbedingen der damaligen Produktion - von der Kinderarbeit bis hin zur Brandgefahr.